Donnerstag, 21. März 2013

Internet - Segen oder Fluch?

 Der Titel "Internet - Segen oder Fluch?", der nicht von mir ist und den ich nur als Thema aufgreife, ist für mich ein bisschen wie die Frage nach Krise oder Chance; beide werden im Chinesischen mit demselben Schriftzeichen dargestellt.

Das Internet hat sich zur Realität entwickelt und ist somit unvermeidbar. Wohin Realitätsverleugnung führt, zeigt die menschliche Geschichte und wird in Religion, Mythos, Märchen, Literatur, Kunst wie in den unterschiedlichen Wissenschaftdisziplinen verhandelt.

Buddhisten raten, zu allem, was uns begegnet - ob es uns angenehm ist oder unangenehm, ob wir es mögen oder nicht, ob wir es fürchten oder lieben etc. - dieselbe achtsame Haltung einzunehmen und zwar schon deshalb, weil es unvermeidbar ist.

Alles was ins Leben gekommen ist und sich dort weiterentwickelt, ist für uns in der Begegnung "real" und in seinen Möglichkeiten wie Behinderungen, Chancen wie Risiken zu betrachten. Je achtsamer wir dies tun, desto eher können wir uns mehr und mehr von Täuschungen befreien und "Realitäten" im Positiven wie im Negativen erkennen. Alles ist widersprüchlich. Nichts ist nur "gut" oder nur "schlecht". Wer immer das gerade mal wieder zementiert oder neu definiert.

Ich als Person, die als Kind, Jugendliche, Jungerwachsene hinsichtlich virtueller Medien komplett unberührt aufgewachsen ist, bin nach wie vor ge- bis oft überfordert.

Ge-, überfordert erstens vom Medium selbst - ich habe nach wie vor lieber etwas in der Hand -, von der Flut und der Art der damit transportierten Informationen, der Geschwindigkeit, den Möglichkeiten wie Gefahren. Trotzdem taste ich mich langsam ran an die "Materie", Stück für Stück, Jahr um Jahr, einfach weil es Teil unserer Welt geworden ist, neue Möglichkeiten bietet, neue Welten schafft und damit andere z.T. - zumindest zeitweise - zu verschwinden drohen. Ich will ´s begreifen, auch wenn man es so schwer greifen kann. Und dann siegt wieder der Widerstand. Jenseits vom Widerstand lockt dann wieder, dass viele Informationen heute 1) als erstes übers Netz, 2) z.T. nur noch übers Netz, 3) hier leicht und gut zu recherchieren und 4) schneller als anders zugänglich sind, samt weiterer Links/ Möglichkeiten. Das ist ein echtes Plus.

Ge-, überfordert bin ich auch vom Unbekannten, was mir da an Menschen gegenüber tritt. Wer sieht mich, wer liest über mich, wer schreibt über mich, wer versucht sich, in welcher Art auch immer mit meinem Leben zu verbinden bzw. ohne mein Zutun/ Wollen an meinem Leben, meiner Vita mit zu stricken. Auch hier, gibt es die umgekehrte Seite: Menschen, die ich kenne bzw. noch nicht kenne, die z.T. hier eher, leichter, schneller zu erreichen sind, als im direkten Kontakt. Insbesondere dann, wenn man nicht in der selben Stadt, dem selben Land lebt. Kontakte können so hergestellt, gehalten und reale Tuchfühlung geplant und umgesetzt werden.

Fazit? Aufpassen, Dranbleiben, Kenntnisse erwerben, um mit dem, was da so da ist und auf uns zukommt, angemessen umgehen zu können. Gleichzeitig auch darauf achten, was dabei schleichend aus unserer Welt verschwindet - so ständig möglichst auf allen Kanälen virtuell und erreichbar. Der Tag hat nur 24 Stunden. Mindestens 5 davon schlafen wir schon. Abgesehen von multipleren sozialen "Verstrickungen" hat die Arbeit auf diesem Weg heute schon lange viel mehr Griff auf den Arbeitnehmer - auch in der sog. Freizeit: Mails hier, Links da, Aufforderungen und Anfragen dort etc. Das ist schon nicht ohne. Da ich die meiste Zeit meines Lebens Freiberuflerin war, ist das für mich sozusagen schon "normal" und hat auch seine Vorteile, apropos Flexiblität und Mobilität, nur wann und wo ist die gesunde Grenze? Immer wieder neu auszuloten.

Interessant finde ich auch, was sich insgesamt an Sprach- und Begegnungskultur ändert.

Es bleibt spannend.


Mittwoch, 13. März 2013

Digitale Identität

 Digitale Idenität

Alle haben wir Furcht davor "gläserner Mensch" zu sein. Ich schließe mich da nicht aus. Aber woher kommt diese Furcht und was haben wir zu verbergen?

Als Psychologin kenne ich die Furcht der anderen vorm Psychologen als quasi psychologischen Scanner. Es ist die Furcht, durchschaubar zu sein, auch in seinen Abgründen.

Vielleicht geht es also mehr um unsere Abgründe und unsere eigene Furcht uns dieser gewahr zu werden? Vielleicht hätten wir weniger Furcht vor diesem "dunklen" i.d.R. Unausgesprochenen und oft noch nicht mal Angeschauten, wenn wir wüssten, dass es zum "normalen menschlichen Inventar" gehören und auch oder v.a. in diesen Tiefen ungeahnte Qualitäten lautern, die geborgen und gelebt werden wollen. Wir könnten viel entspannter und bei und mit uns sein, wenn wir über derlei Dinge offen, in dem Sinne auch öffentlich kommunizieren könnten und somit nicht mehr die Notwendigkeit bestände, Bilder zu entwerfen, die i.d.R. weder uns noch überhaupt einem realen Menschen entsprechen (können, i.G. auch nicht sollten). Apropos Kompetenzprofile, Onlineprofile. Wieviel allgemein Menschliches finden wir in solchen Profilen? Doch im Wesentlichen v.a. den Druck sich darzustellen - möglichst besser als man ist. Und wissen wir nicht alle -wie auch bei Bewerbungsschreiben und - gesprächen und Datingportalen und, und, und ... das all das wenig mit der Realität zu tun hat? Wir entwerfen und werden entworfen ... (Brecht hat das ganz gut auf den Punkt gebracht in der kurzen Geschichte von Herrn K. über Menschen und Bilder).

Was hat es noch mit den digitalen Medien auf sich, die unsere Identität beeinflussen?
Wir möchten nicht immer erreichbar sein. Gut, dann sind wir es eben nicht. Rechner, Mobilphone, was auch immer einfach nicht einschalten, nicht rangehen, wenn es nicht passt. Wo liegt hier das Problem? Weil mit der Möglichkeit die Erwartungen steigen? Muss das so sein? Kann man nicht auch hier ein richtiges Maß finden?

Wir möchten auch nicht überall zu orten sein; auch das funktioniert meines Wissens nur, wenn wir die Geräte anschalten, oder gibt es schon Geräte, die immer auf "standby" sind, die man nicht mehr ausschalten kann?

Wir möchten nicht, dass jeder alles von uns weiss. Gut, liegt es nicht an uns, zu überlegen, was wir überhaupt, wem, wie, wo, wieviel, wann etc. mitteilen wollen und was nicht? Kommt es hier nicht einfach darauf an, zwischen "sicheren" und "unsicheren" Kanälen zu unterscheiden? Auch im realen Leben kann man nicht sicher sein, dass Notizen, Briefe nicht auch von anderen gelesen, Gespräche mitgehört, Informationen weitergetragen und bewusst oder unabsichtlich verzerrt werden. Das ist nicht neu, ich muss mir im Grunde schon immer, immer und überall überlegen, zu was ich im Allgemeinen und Speziellen stehen kann. Und ob ich auch noch dazu stehen kann, wenn ich vielleicht morgen anders darüber denken und es u.U. jemand hören könnte, der es ursprünglich nicht hören sollte.

Als Mensch sind wir doch immer schon im öffentlichen Raum.
Was sich vielleicht geändert hat, ist, dass sich der Raum, den man in Sekundenschnelle füllen kann, erweitert hat und dass die Spur, die wir hier mehr oder weniger bewusst legen, bleibt.
Ist das tatsächlich so gefährlich?
Ist es nicht so, dass wir immer und überall schon, wo wir uns bewegen und leben, Spuren hinterlassen, die von anderen auch wahrgenommen gedeutet und damit auch verändert werden können und immer schon damit leben müssen, was wir hiermit in die Welt gesetzt haben?

Was macht das Netz anders?
Ist es die Anonymität, dass ich scheinbar noch weniger weiss, wer auf meine Lebensspuren zurückgreift?
Ist es, weil Daten scheinbar leichter zugänglich, abruf- und manipulierbar sind?
Aber ist auch das nicht immer schon möglich? Wer sagt mir und anderen denn, dass das, was auch im "non-digital life" über mich, wo auch immer kursiert, von mir oder von jemand anderen ist?
Und wie kann ich das überhaupt kontrollieren?
Und warum sollte ich überhaupt, wenn ich weiss, dass ich das eh nicht vollständig beeinflussen kann?
Wozu der Stress?
Geht es da nicht eher um Rückbesinnung auf das, was ich real will und praktiziere und den Rest loszulassen? Wir wissen doch nie wirklich, wie das, was wir in die Welt senden, bei anderen ankommt. Und dazu zur Rede gestellt, können wir uns doch immer noch positionieren. Oder?

Könnte nicht jeder unter meinem Namen im Netz "üble" Nachrichten verschicken, sich "schlecht" benehmen oder sich "unmöglich" in Blogs oder sozialen Netzwerken tummeln? Wer sagt denn, dass ich das war?
Kann nicht jeder jetzt schon Fotos von mir machen, diese ins Netz stellen und dazu Geschichten spinnen? Also genauso wie in der "normale" Gerüchteküche? -  bis auf die Breitenwirkung vielleicht und das noch mangelnde Bewusstsein der User darüber, dass Schriftliches geduldig und alle Medien manipulierbar sind.

Vor Gericht gilt das Prinzip der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit. Dort weiss man schon lange, dass man aufgrund einer Aktenlage oder auf Basis digitaler Mittel nicht urteilen darf, eben weil (!) dies keine zuverlässigen Quellen sind.

Wenn ich weiss, wer ich bin und was ich nach außen vertreten kann und will (und das auch so tue), was schert es mich dann, was die anderen von mir denken (u.U. auch auf Basis falscher Informationen)? Wer mehr von mir erfahren will, soll mich doch ansprechen, Daten prüfen und auf Forschungsreise gehen. Punkt.

Tut nicht viel mehr Aufklärung Not? Wie ernst digitale Medien zu nehmen sind? Was die Gefahren, aber was auch die Chancen sind?

Im Grunde teile ich die Haltung, dass man sich Wissen aneignen und dann einen emanzipierten, selbstbewussten Umgang mit den neuen Medien pflegen sollte.

Es ist nur ein weiterer Weg - u.U. schneller und breiter - in Kontakt zu treten, sich zu vernetzen.
Alles steht und fällt mit den Menschen, die diese Wege nutzen und mit dem Umgang, den sie dazu vereinbaren.