Der Titel "Internet - Segen oder Fluch?", der nicht von mir ist und den ich nur als Thema aufgreife, ist für mich ein bisschen wie die Frage nach Krise oder Chance; beide werden im Chinesischen mit demselben Schriftzeichen dargestellt.
Das Internet hat sich zur Realität entwickelt und ist somit unvermeidbar. Wohin Realitätsverleugnung führt, zeigt die menschliche Geschichte und wird in Religion, Mythos, Märchen, Literatur, Kunst wie in den unterschiedlichen Wissenschaftdisziplinen verhandelt.
Buddhisten raten, zu allem, was uns begegnet - ob es uns angenehm ist oder unangenehm, ob wir es mögen oder nicht, ob wir es fürchten oder lieben etc. - dieselbe achtsame Haltung einzunehmen und zwar schon deshalb, weil es unvermeidbar ist.
Alles was ins Leben gekommen ist und sich dort weiterentwickelt, ist für uns in der Begegnung "real" und in seinen Möglichkeiten wie Behinderungen, Chancen wie Risiken zu betrachten. Je achtsamer wir dies tun, desto eher können wir uns mehr und mehr von Täuschungen befreien und "Realitäten" im Positiven wie im Negativen erkennen. Alles ist widersprüchlich. Nichts ist nur "gut" oder nur "schlecht". Wer immer das gerade mal wieder zementiert oder neu definiert.
Ich als Person, die als Kind, Jugendliche, Jungerwachsene hinsichtlich virtueller Medien komplett unberührt aufgewachsen ist, bin nach wie vor ge- bis oft überfordert.
Ge-, überfordert erstens vom Medium selbst - ich habe nach wie vor lieber etwas in der Hand -, von der Flut und der Art der damit transportierten Informationen, der Geschwindigkeit, den Möglichkeiten wie Gefahren. Trotzdem taste ich mich langsam ran an die "Materie", Stück für Stück, Jahr um Jahr, einfach weil es Teil unserer Welt geworden ist, neue Möglichkeiten bietet, neue Welten schafft und damit andere z.T. - zumindest zeitweise - zu verschwinden drohen. Ich will ´s begreifen, auch wenn man es so schwer greifen kann. Und dann siegt wieder der Widerstand. Jenseits vom Widerstand lockt dann wieder, dass viele Informationen heute 1) als erstes übers Netz, 2) z.T. nur noch übers Netz, 3) hier leicht und gut zu recherchieren und 4) schneller als anders zugänglich sind, samt weiterer Links/ Möglichkeiten. Das ist ein echtes Plus.
Ge-, überfordert bin ich auch vom Unbekannten, was mir da an Menschen gegenüber tritt. Wer sieht mich, wer liest über mich, wer schreibt über mich, wer versucht sich, in welcher Art auch immer mit meinem Leben zu verbinden bzw. ohne mein Zutun/ Wollen an meinem Leben, meiner Vita mit zu stricken. Auch hier, gibt es die umgekehrte Seite: Menschen, die ich kenne bzw. noch nicht kenne, die z.T. hier eher, leichter, schneller zu erreichen sind, als im direkten Kontakt. Insbesondere dann, wenn man nicht in der selben Stadt, dem selben Land lebt. Kontakte können so hergestellt, gehalten und reale Tuchfühlung geplant und umgesetzt werden.
Fazit? Aufpassen, Dranbleiben, Kenntnisse erwerben, um mit dem, was da so da ist und auf uns zukommt, angemessen umgehen zu können. Gleichzeitig auch darauf achten, was dabei schleichend aus unserer Welt verschwindet - so ständig möglichst auf allen Kanälen virtuell und erreichbar. Der Tag hat nur 24 Stunden. Mindestens 5 davon schlafen wir schon. Abgesehen von multipleren sozialen "Verstrickungen" hat die Arbeit auf diesem Weg heute schon lange viel mehr Griff auf den Arbeitnehmer - auch in der sog. Freizeit: Mails hier, Links da, Aufforderungen und Anfragen dort etc. Das ist schon nicht ohne. Da ich die meiste Zeit meines Lebens Freiberuflerin war, ist das für mich sozusagen schon "normal" und hat auch seine Vorteile, apropos Flexiblität und Mobilität, nur wann und wo ist die gesunde Grenze? Immer wieder neu auszuloten.
Interessant finde ich auch, was sich insgesamt an Sprach- und Begegnungskultur ändert.
Es bleibt spannend.
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